Trauma und unbewusste Phantasie beschäftigen die Psychoanalyse seit ihren Anfängen und sind Teil der täglichen klinischen Arbeit. Sie haben angesichts der aktuellen menschlichen Katastrophe von Krieg, Folter, Vertreibung und Flucht eine neue Aktualität gewonnen.
Konfrontiert mit dem Schrecken über eine Realität, die durch archaische Gewalt geprägt ist, ist man geneigt, einfache Ursache- Wirkungszusammenhänge zwischen Außen und Innen sowie Täter und Opfer herzustellen.
Die führenden Expertinnen und Experten, die in diesem Buch zu Worte kommen, haben die klinische Erfahrung gemacht, dass zu einfache Betrachtungsweisen versagen, wenn das individuelle Schicksal in den Fokus gerät, das aus einer komplexen Verflechtung der bereits vorhandenen psychischen Struktur und der realen Welt besteht.
Durch die extreme äußere Situation können primitive Phantasien und unbewusste Identifizierungen mit grausamen Über-Ich-Figuren geweckt werden, wodurch schwierige Fragen nach Schuld und Verantwortung aufgeworfen werden. Die naheliegende und berechtigte Forderung nach Verantwortungsübernahme und Wiedergutmachung durch den Täter wird dann kompliziert, wenn die eindeutigen Zuschreibungen so nicht mehr aufrechterhalten werden können, sondern unbewusste Täter- und Opferanteile vorhanden sind. Das macht die Therapie so schwierig und die therapeutische Beziehung so existentiell wichtig.
Claudia Frank: Zur Polarität eines einfachen Täter-Opferschemas als Sackgasse
Werner Bohleber: Zur Geschichte und Konzeptualisierung des Traumabegriffs in der Psychoanalyse
John Steiner: Trauma und Desillusionierung des Ödipus – Das Ödipus zugefügte Trauma
Franco de Masi: Über die Auswirkungen emotionaler Traumatisierung – Arbeiten mit schwierigen Patienten
Marianne Leuzinger-Bohleber: Embodiment und Trauma
Heinz Weiß: Trauma, Schuldgefühl und Wiedergutmachung – Klinische und theoretische Überlegungen aus der Analyse einer schwer traumatisierten Patientin
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